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Historischer Schulterschluss
bei Ford

Ford Arbeitskämpfe 1973 - 2025
von Witich Roßmann

Während wir das Musical über den Ford-Streik von 1973 vorbereiten, Musikstücke komponieren, aufnehmen und Szenen schreiben, spitzt sich die Situation bei den Kölner Ford-Werken erneut zu einem Arbeitskampf zu. Witich Roßmann, Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes Köln, der übrigens unser Projekt unterstützt, schrieb für uns über die historische Begegnung zwischen den Streikenden von damals und der heutigen Ford-Belegschaft, die um den Erhalt des Standortes Köln kämpft.

Witich Roßmann promovierte nach mehrjähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter über gewerkschaftliche Arbeitsbeziehungen. Er ist seit 1985 Mitglied der IG Metall und war bis 2017 Bevollmächtigter der IG Metall Köln-Leverkusen.

(link: https://de.wikipedia.org/wiki/Witich_Roßmann text: Dr. Witich Roßmann). Foto: Günay Ulutuncok.
Dr. Witich Roßmann. Foto: Günay Ulutuncok.

Dienstag, 8. April 2025 9.00 Uhr am Ford-Kreisel. Die gesamte Frühschicht streikt zum zweiten Mal für ihre Interessen gegen die drohende Insolvenz von Ford- Deutschland. An diesem Morgen, um 4.00 Uhr hatte bereits die Nachtschicht gestreikt, gab es eine Überraschung für die Streikenden.

Neben den bekannten Streikführern wie David Lüdtke (VKL-Leiter der Ford-Werke), Kerstin Klein (1. Bevollmächtigte der IG Metall Köln-Leverkusen) und Benjamin Gruschka (Betriebsratsvorsitzender der Ford-Werke) standen auch einige ältere deutsche und türkische Kolleginnen und Kollegen, allesamt Teilnehmer des berühmten Migrantenstreiks 1973 bei den Kölner Ford-Werken. Damals ging es um 1 DM mehr für alle bei 8% Inflation, um bessere Arbeitsbedingungen an den Fließbändern und um die Rücknahme der Kündigungen von Ford-Arbeitern, die verspätet aus ihrem damals nur vierwöchigen Türkei-Urlaub zurückgekehrt waren.

Dieser Streik 1973 scheiterte zwar im ersten Anlauf, aber viele ihrer Forderungen wurden später durchgesetzt. Er scheiterte 1973 nicht zuletzt deshalb, weil Betriebsräte und Vertrauensleute auf der einen Seite und eine spontan gewählte Streikleitung auf der anderen Seite nicht zu einem gemeinsamen Kampf zusammenfanden. Diese unselige Spaltung ist in der Ford-Belegschaft seit Jahrzehnten überwunden, Deutsche und Migranten, Arbeiter und Angestellte kämpfen seit den 90er Jahren erfolgreich gemeinsam für höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und vor allem immer wieder für die Sicherung des Ford-Standortes Köln, so auch jetzt 2025.

Die 73er verlasen unter großen Zuspruch und emotionaler Anteilnahme, ein Solidaritätsschreiben mit den streikenden Ford-Arbeitern von heute, das sie einen Tag zuvor bei einem gemeinsamen Streikfrühstück ausgearbeitet hatten:

Kemal Doğan liest das Solidaritätsschreiben der 73er Ford-Streikenenden vor.
Kemal Doğan liest das Solidaritätsschreiben der 73er Ford-Streikenenden vor.

Wir, Seyfo, Ibrahim, Hasan, Mitat, Kemal, Peter, ex-Fordler und Streikteilnehmer von 1973, schicken Euch freudige Kampfesgrüße.
Ihr lasst euch nicht mit Versprechungen abspeisen. Ihr habt den Kampf aufgenommen.
Unser Streik ist wie ein Mythos. Er war legitim und notwendig.
Ihr seid Teil und Ergebnis unserer damals erkämpften Zukunft und ihr kämpft für eure, aber genau so auch für unsere Zukunft. Dazu stehen wir mit Euch, bei Euch und hinter Euch.
Venceremos

Biz Seyfo, İbrahim, Hasan, Mitat, Kemal, Peter, eski Fordler ve 1973 grev katılımcıları olarak bugünkü toplantımızdan sizlere neşeli, mücadele dolu selamlarımızı iletiyoruz.
Kendinizi vaatlerle kandırmayacaksınız. Mücadeleyi üstlendiniz.
Grevimiz bir efsane gibi. Meşru ve gerekliydi.
Sizler o zamanlar uğruna savaştığımız geleceğin bir parçası ve sonucusunuz ve sizler sadece kendi geleceğiniz için değil, aynı zamanda bizim geleceğimiz için de savaşıyorsunuz. Biz sizin yanınızdayız, sizin arkanızdayız.
Görüşürüz

Worum geht es bei den Arbeitskämpfen 2025?


Der aktuelle Konflikt ist wohl der grundlegendste und gravierendste in der fast 100-jährigen Geschichte von Ford in Köln am Rhein. Schon die Entscheidung, am Standort Köln nur noch Elektroautos zu bauen, war für einen Teil der Belegschaft mit tiefen Einschnitten verbunden: Das Motorenwerk wurde nach und nach geschlossen, ebenso Teile des Zulieferparks. Der Kölner Ford-Standort, einer der wenigen verbliebenen integrierten Produktionsstandorte, der bis zum Auslaufen der Fiesta-Produktion lange Jahre stabil lief, geriet nun auch in den Fokus eines massiven Personalabbauprogramms sowohl in der Produktion als auch in der Forschung und Entwicklung. Die Tatsache, dass die Elektrofahrzeuge von Ford, Explorer und Capri, auf Elektroplattformen des VW-Konzerns gebaut werden, reduzierte den Personalbedarf zusätzlich. Austausch großer Teile des Ford-Managements in Köln, keine großen Entwicklungsaufträge an die Produktentwicklung ließen bereits die Alarmglocken schrillen. Mit der öffentlichen Ankündigung der US-Konzernspitze, die Patronatserklärung aufzukündigen, wurde endgültig Großalarm für die Existenz des Kölner Standortes ausgelöst. Seit Frühjahr 2025 verhandeln IG Metall und Betriebsrat mit dem Ford-Management, um die Interessen der Belegschaft gegen eine nun mögliche Insolvenz zu sichern (Forderungspaket siehe Bild). Die Forderungen sind in einem Sozialtarifvertragsentwurf zusammengefasst. Bei Redaktionsschluss laufen die Vorbereitungen der IG Metall für eine Urabstimmung und einen längeren Arbeitskampf.